ROAD TO GIZA

  • Ausstellungsansicht Videoinstallation, Galerie Laura Mars Grp., 2016

Ausstellungsansicht Videoinstallation, Galerie Laura Mars Grp., 2016

Ausschnitt ROAD TO GIZA, 8:12 min, 2016
Regie/Kamera: Stephanie Kloss
Choreographie und Tanz: Anne Retzlaff
Musik: Gordon Raphael
Kostüm: Ulrike Gutbrod
Schnitt: Stefan Zeyen
Dank an Theaterhaus Mitte/ Marco Uhlmann

Ein Reisebericht.
Die Pyramiden sind das pharaonische Erbe Ägyptens, das letzte der antiken sieben Weltwunder. Für manche sind sie heute “Symbole der Gotteslästerung“, Islamisten rufen seit 2012 zu ihrer Zerstörung auf. Geschockt von den Gräueltaten in den Nachrichten und dem Gefühl, dass Teile der Welt von Kräften zurück ins Mittelalter katapultiert werden, mache ich mich mit der Tänzerin Anne Retzlaff auf die Reise nach Kairo, nach Gizeh, zu den Pyramiden. Wir wollen ein Bild drehen, das uns schon länger umtreibt. Obwohl wir fast sicher sind, dass die Umsetzung nicht möglich ist, werden wir es versuchen.
Das Auswärtige Amt hat eine Teilreisewarnung für Ägypten herausgegeben, momentan sind nur wenig Touristen im Land.
Im Gepäck haben wir einen Tschador und eine Niquab. Ulrike hat das Kostüm angefertigt- aus Latex, ein Widerspruch in sich. „No tourists, no money, please come back!“ sagt Ramsi, der uns am ersten Tag begleitet. Die Schönheit der Pyramiden, die angespannte Situation, Archaik und Moderne erzeugen einen starken Kontrast. „Please come back!“, diesen Satz hören wir noch oft von Menschen, die uns begegnet sind. Am nächsten Tag fahren wir mit dem Auto und einem Fahrer auf das Gizeh Plateau, immer auf der Suche nach einer geeigneten Möglichkeit, unbeobachtet das Kostüm anzuziehen. Wir besuchen die allabendliche Lightshow und stehen vor einem Meer aus ca. 5000 leeren weißen Stühlen. Am dritten Tag versuchen wir, allein und komplett vermummt auf das Gelände zu kommen. Das Wetter wird besser und die Pyramiden tauchen aus dem Nebel auf. Wir vermessen Abstände und Kadrage, suchen den besten Platz für Annes Auftritt. Im Hintergrund warten Kutschfahrer und Kamelbesitzer ratlos auf Kundschaft. Früher war hier alles voller Touristen, erzählt ein Händler, so dass man keinen Boden erkannte- nur Menschenmassen. Heute haben wir das Gizeh Plateau für uns. Latexhosen und Handschuhe an.
Das Kostüm ist bereit. Zuerst noch ein paar Tests für die beste Kameraeinstellung. Plötzlich nähert sich ein „Fakepolizist“ auf einem Kamel. Hinter ihm läuft ein echter Zivilpolizist, zumindest behauptet er das. Telefonierend kontrolliert er alle Bilder meiner Kamera und in meinem Handy. Dort gibt es nur Videos und Bilder von den Pyramiden – ohne Kostüm, ohne Performance. Er fragt nach einem Extraticket für das Stativ und nach weiteren Kameras: „Show your tickets! You and you are number one on the list!“ Zehn Minuten dürfen wir mit unserem Shooting fortfahren, danach müssen wir gehen. Er lächelt und sagt: „Wir beobachten euch.“
Stephanie Kloss